Benötige ich einen Disclaimer (Haftungsausschluss)?

§ RECHTLICHER HINWEIS

Dieses Material wird nur zu Informationszwecken zur Verfügung gestellt und sollte nicht als Rechtsberatung betrachtet werden oder als solche gelten. Diese Informationen werden ausschließlich zu Bildungszwecken bereitgestellt. Bitte beachten Sie, dass die bereitgestellten Informationen weder als Ersatz für eine professionelle Rechtsberatung angesehen werden können, noch ein Anwalt-Mandanten-Verhältnis begründen.

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Was bedeutet der Begriff »Disclaimer«?

Der Begriff »Disclaimer« ist die Substantivform des englischen Wortes »to disclaim«. Du findest Disclaimers oft im Impressum von Websites. Die für die Website verantwortliche Person möchte einen Haftungsausschluss erreichen, indem sie sich z.B. von allen Inhalten externer Links auf ihrer Seite distanziert:

Haftungshinweis

Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle übernehmen wir keine Haftung für die Inhalte externer Links. Für den Inhalt der verlinkten Seiten sind ausschließlich deren Betreiber verantwortlich.

Auf vielen Internetseiten wird im Disclaimer zum Beispiel auf ein Urteil des Landgerichts Hamburg aus dem Jahr 1998 (Aktenzeichen: 312 O 85/98) verwiesen:

Mit Urteil vom 12. Mai 1998 hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass man durch die Anbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seite ggf. mit zu verantworten hat. Dies kann nur dadurch verhindert werden, dass man sich ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert. Für alle Links auf dieser Homepage: Ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten auf meiner Homepage und mache mir diese Inhalte nicht zu eigen.

Dass viele Disclaimer einfach kopiert und ohne viel Nachdenken und Überprüfung in die Impressumsseiten eingefügt werden, sieht man an der falschen Schreibweise des Wortes »verantworten«, im Disclaimer »verantwortern«. Wenn du das falsch geschriebene Wort in eine Suchmaschine eingibst (zum Beispiel in Bing: »verantwortern«), erhältst du über 3.000 Treffer.

Ist es möglich, die Haftung auszuschließen?

Natürlich kann sich niemand pauschal von seinem eigenen Handeln distanzieren, jegliche Verantwortung ablehnen und die Haftung ausschließen.

So kann die Haftung für vorsätzlich oder fahrlässig verursachte Schäden nicht einfach durch die Aussage »Ich bin nicht haftbar« ausgeschlossen werden. Im Zweifelsfall entscheidet ein Gericht, ob man für einen Schaden haftbar ist oder nicht.

Im Vertragsrecht ist es möglich, die Haftung auszuschließen oder zu begrenzen (Haftungsklausel). Das Öffnen einer Internetseite führt jedoch in der Regel nicht zu einem Vertrag, da ein Vertrag immer im Voraus geschlossen wird. Aber auch in einem gültigen Vertrag können z. B. gesetzliche Schadensersatzansprüche nicht eingeschränkt werden (Klauselverbote).

Dass man auf einer Internetseite keine Leserinnen und Leser beleidigen, keine beleidigenden Dinge über Dritte veröffentlichen oder absichtlich falsche Informationen zum Nachteil anderer publizieren darf, ist sicherlich klar.

Warum also Disclaimer?

Die meisten Haftungsausschlüsse werden geschrieben, weil das oben erwähnte Gerichtsurteil oft missverstanden wurde. Außerdem kopieren viele Autoren einfach, ohne das Urteil zu lesen.

Im Urteil heißt es:

Der Beklagte hatte, nachdem ein anderer Rechtsstreit zwischen den Parteien vorausgegangen war, auf seiner Internet-Homepage ... Links zu im Internet verfügbaren Informationen über den Kläger gesetzt, ... .

Der Kläger hält diese »Berichterstattung" für sittenwidrig und sieht sich in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Der Beklagte haftet, da er sich durch den Hinweis auf die Webseite ... die dortigen Äußerungen zu eigen gemacht hat.

(Der Beklagte meint,) ... er habe durch die Zusammenstellung der über den Kläger gemachten Äußerungen einen »Markt der Meinungen" eröffnet.

Außerdem machte er durch Aufnahme einer Haftungsausschlussklausel deutlich, dass er keine Verantwortung übernimmt. Im Übrigen habe er sein Recht auf freie Meinungsäußerung ausgeübt.

Kurz zusammengefasst:

Der Beklagte ist die Person, die für die Website verantwortlich ist. Er hatte Links zu externen Seiten veröffentlicht, deren Inhalt der Kläger als Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte ansieht. Daher handelt es sich um eine Beleidigung.

Der Beklagte hat sich in einem Disclaimer von den externen Inhalten distanziert.

Das sagt das Gericht:

Die Klage ist begründet aus § 823 I, II BGB i.V.m. §§ 186 StGB, 824 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie der Ehre des Klägers.

Der Beklagte hat sich durch die Aufnahme eines sogenannten Links zur Webseite ... auf seiner Homepage die ... verleumderischen und beleidigenden Tatsachenbehauptungen sowie Meinungsäußerungen zu eigen gemacht.

(Die) Verbreitung einer herabsetzenden Tatsachenbehauptung eines Dritten über eine andere Person (kann) eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellen, wenn die Person, die die Behauptung wiedergibt, sich nicht ausreichend davon distanziert. In jedem Fall hat sich der Beklagte nicht ausreichend von der Behauptung distanziert, indem er auf die Verantwortung des jeweiligen Autors verwiesen hat. Es handelt sich nicht um eine Distanzierung, sondern um eine unverantwortliche Verbreitung und damit um eine eigene Verbreitung.

Zusammengefasst:

Ein Haftungsausschluss reicht nicht aus, um die Haftung für Beleidigungen auszuschließen. Das Gericht erkannte an, dass Beleidigungen absichtlich unter dem Deckmantel einer Distanzierung veröffentlicht wurden.

Wenn man eine beleidigende Äußerung eines Dritten wiedergibt, muss man sich ausreichend davon distanzieren, um nicht selbst zum Beleidiger zu werden.

Wer ist für den Inhalt von Websites verantwortlich?

Das Telemediengesetz gibt Auskunft darüber:

§7

(1) Diensteanbieter sind für die eigenen Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.

(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt.

§10

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, es sei denn, sie haben Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung ..., oder sie haben unverzüglich gehandelt, um die Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.

Kurz zusammengefasst:

Der Dienstanbieter ist für seine eigenen Seiten verantwortlich.

Der Inhalt externer Links muss von der verantwortlichen Partei sorgfältig ausgewählt und überprüft werden. Eine Verpflichtung zur ständigen Überwachung besteht nicht. Werden jedoch rechtswidrige Inhalte bekannt, muss sofort gehandelt und der Link entfernt werden.

Außerdem ist es sicher sinnvoll, Links zu externen Inhalten deutlich zu kennzeichnen und sie von Links zu eigenen Inhalten zu unterscheiden.

Benötigt man nun einen Disclaimer oder nicht?

Nicht wirklich, aber ...

Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat auf seiner Website statt des typischen unsinnigen Haftungsausschlusses »Ich hafte nicht« eine Seite »Rechtliche Hinweise (Disclaimer)«.

Dort wird die Haftung nicht ausgeschlossen, aber der Leser wird gebeten, illegale Inhalte zu melden:

»Wenn sie (die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit) feststellt oder von anderen darauf hingewiesen wird, dass ein konkretes Angebot, zu dem sie einen Link bereitgestellt hat, eine zivil- oder strafrechtliche Verantwortlichkeit auslöst, wird sie den Verweis auf dieses Angebot aufheben."

Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit verweist unter der Überschrift »Hinweis auf die Problematik der externen Links« auf das Telemediengesetz §7(1). Dass die Unsicherheit in Bezug auf Disclaimer jedoch groß ist, zeigt die Bemerkung »... dass wir aufgrund der weitgehend unklaren Rechtslage bezüglich der Verantwortung für Links nicht garantieren können ...«.

Fazit

Wenn du niemanden beleidigst, nichts Illegales im Sinn hast, Links zu externen Inhalten sorgfältig auswählst und dich sofort um die Website kümmerst, wenn du von illegalen Inhalten erfährst, brauchst du keinen Disclaimer.

In der Regel verlinkt man auf externe Inhalte, weil man den Inhalt dieser Seite gut und richtig findet. Zu sagen, ich verlinke, aber ich distanziere mich von dem, was dort geschrieben steht, ist unseriös und irgendwie auch beleidigend für den Anbieter des externen Inhalts. Oder?

Im Gegenteil: Wer einen Disclaimer einfügt, um unter dem Deckmantel einer nicht ernst gemeinten Distanzierung illegale Inhalte zu veröffentlichen, macht sich strafbar.

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